Osthessen (ots) –
Wiesbaden. Die Folgen von Verkehrsunfällen unter Beteiligung von Lkw sind häufig dramatisch. Aus diesem Grund hat die hessische Polizei am Mittwoch (17.04.) beim länderübergreifenden Aktionstag „sicher.mobil.leben – Güterverkehr im Blick“ ein Hauptaugenmerk auf die großen und schweren Fahrzeuge und die vermehrt im europäischen Transitverkehr fahrenden Transporter in all ihren Facetten gelegt. Hessenweit kontrollierten die Einsatzkräfte von 6 Uhr morgens bis 20 Uhr abends.
Der Güterverkehr in Deutschland hat in den letzten Jahren stark zugenommen. So sind auch auf hessischen Straßen immer mehr Lkw und Transporter unterwegs. Bei der polizeilichen Verkehrsüberwachung wird deshalb immer wieder ein Hauptaugenmerk auf diese Fahrzeuge gelegt. „Ziel des Aktionstages ist es, durch Kontrollmaßnahmen Lkw-Unfälle zu reduzieren und damit Verkehrsteilnehmer zu schützen. Außerdem sollen Gespräche mit den Fahrern und die öffentliche Thematisierung alle Verkehrsteilnehmer sensibilisieren, Verkehrsregeln einzuhalten und gegenseitige Rücksichtnahme zu beachten“, erklärte Innenminister Roman Poseck.
Neben der Polizei waren auch andere Behörden, die sich mit der Verkehrsüberwachung befassen sowie Sachverständige der technischen Prüforganisationen an den Kontrollen beteiligt.
Die Ergebnisse für Hessen in Zahlen
In Hessen waren am Kontrolltag an sieben Kontrollstellen im Land nahezu zweihundert Polizeibeamte im Einsatz, die am Ende des Tages 921 Fahrzeuge – hiervon 377 Lkw – kontrolliert hatten. Dabei wurden insgesamt 1.049 Regelverstöße festgestellt, darunter 1.001 Verkehrsordnungswidrigkeiten und 43 Verkehrsstraftaten.
Insgesamt war der Ansatz ganzheitlich: Nicht nur ein vermeintliches Fehlverhalten von Lkw-Fahrern wurde geahndet, auch Regelverstöße anderer Verkehrsteilnehmer standen im Fokus. Mit 663 Fällen wurden Geschwindigkeitsverstöße am häufigsten festgestellt, gefolgt von verbotswidrigem Überholen mit 104 Fällen. In 87 Fällen wurden Verstöße gegen die Sozialvorschriften registriert, 53 mal gab die Ladungssicherung, 22 mal die Überschreitung der Maße und Gewichte und 21 mal der technische Zustand der Fahrzeuge Grund zur Beanstandung. Außerdem hatten die Kontrollkräfte bei 13 Fahrzeugen die Verladung von Gefahrgut zu monieren. In 28 Fällen wurde die Weiterfahrt untersagt, insgesamt fünf Fahrer erwartet ein Fahrverbot.
Bei Präventionsaktionen in ganz Hessen wurden alle Verkehrsteilnehmer hinsichtlich von Gefahren sensibilisiert, die im Straßenverkehr entstehen. Schwerpunkte waren dabei unter anderem der „Tote Winkel“, Ablenkung und Müdigkeit sowie Ladungssicherung und der technische Zustand von Lastkraftwagen. „Trotz der angekündigten Kontrollen lag die Beanstandungsquote bei den kontrollierten Fahrzeugen über 20 Prozent. Das zeigt, wie wichtig die Verkehrsüberwachung durch die Polizei und die anderen Behörden ist. Ich danke allen Polizeikräften für ihren Einsatz am gestrigen Aktionstag“ so Innenminister Roman Poseck.
Technische Defekte, mangelhafte Ladungssicherung und vieles mehr
Die hessenweiten Kontrollfeststellungen der Einsatzkräfte waren vielfältig. In Südosthessen kontrollierte die Polizei an der A 45 im Bereich des Parkplatzes Pfingstweide und wurden dabei auf einen Sattelzug mit einem südosteuropäischen Fahrer aufmerksam. Bei der technischen Überprüfung des Fahrzeugs stellte sich heraus, dass an beiden Bremsscheiben einer Achse größere Risse vorhanden waren. Die Verkehrssicherheit war dadurch erheblich gefährdet, weshalb in der Folge die Weiterfahrt untersagt wurde. Der Mangel wurde vor Ort von einem Werkstattteam fachgerecht behoben. Gegen Fahrer und Halter wurden Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, da aufgrund des Ausmaßes der Risse davon auszugehen war, dass diese bereits vor Fahrtantritt vorhanden waren.
Bei einer Kontrolle im Bereich Darmstadt an der Raststätte „Gräfenhausen“ an der A 5 fiel ein Fahrzeug wegen mangelhafter Ladungssicherung auf. Neben den transportierten sieben Tonnen Autoteilen war auch rund eine Tonne Gefahrgut verladen, welches gänzlich ungesichert auf der Ladefläche festgestellt wurde. Da aufgrund des Gewichtes die Ladung vor Ort zur fachgerechten Ladungssicherung nicht umgesetzt werden konnte, begleitete die Polizei den Transport zu einer nahegelegenen Verladefirma. Erst nach der notwendigen Umladung wurde die Weiterfahrt gestattet.
Auf der A 7 bei Fulda wurden die Verkehrsexperten der osthessischen Polizei auf einen Mercedes Sprinter aufmerksam. Bei der Kontrolle am Parkplatz „Hummelskopf“ stellte sich heraus, dass sich im Laderaum 24 Dönerspieße befanden. Das waren zu viele für das Fahrzeug, weshalb es damit um 24,3 Prozent überladen war. Außerdem hatte der Fahrer die Ladung nicht ausreichend gesichert und die Innentemperatur des Kühlers lag statt bei erforderlichen -18 °C nur bei -2 °C. Das zuständigen Veterinäramt des Landkreises Fulda wurde hinzugezogen und die Kerntemperatur des Fleisches gemessen. Da diese sich im regelkonformen Bereich bewegte und das Fahrtziel nicht weit entfernt lag, wurde die Weiterfahrt nach einer Teilentladung und der Nachsicherung der Ladung gestattet.
Immer wieder waren die festgestellten Mängel an den Fahrzeugen so gravierend, dass Lkw stehen bleiben mussten. Hiervon waren in Mittelhessen beispielsweise gleich fünf Sattelzugfahrer betroffen, denen wegen Verstößen gegen die Ladungssicherung, Gefahrgutvorschriften sowie defekten Reifen die Weiterfahrt untersagt werden musste.
Auch die gefahrene Geschwindigkeit lag im Fokus der Beamten. Erschreckend war dabei die Geschwindigkeitsüberschreitung eines Sattelzugfahrers in Nordhessen, der gleich 31 km/h zu schnell, also mit 111 km/h, unterwegs war. Auch ein Lkw-Fahrer in Mittelhessen war sich seiner Verantwortung als Führer eines solchen großen und schweren Fahrzeugs offensichtlich nicht bewusst. Er wurde bei erlaubten 80 km/h mit 107 km/h geblitzt und überholte zudem im Überholverbot.
Neben dem Zustand der Fahrzeuge hatten die Kontrolleure auch die Fahrzeugführer im Blick. In Südhessen musste so ein südeuropäischer Sattelzugfahrer aufgrund fehlender Ruhezeiten und dem Nichtbenutzen der Fahrerkarte für neun Stunden seine Fahrt unterbrechen. Zur Gewährleistung der Ruhezeit wurde die Sattelzugmaschine an die „Kette“ gelegt. Daneben wurde eine Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000 Euro einbehalten. Nicht nur die in einigen Fällen fehlende Verkehrstüchtigkeit fiel in Bezug auf Fahrzeugführer auf. In Südhessen ging den Beamten ein 36-jähriger Autofahrer ins Netz, der aufgrund eines bestehenden Vollstreckungshaftbefehls wegen Betruges in eine hessische Justizvollzugsanstalt überstellt wurde.
Auch einige Kuriositäten erregten die Aufmerksamkeit der Einsatzkräfte. Zum Beispiel war das älteste kontrollierte Fahrzeug, das sich auf einem Transporter befand, ein Ford T-Modell aus dem Jahr 1920. Der Transporteur war mit seiner wertvollen Ladung auf dem Weg von Colorado über Bremerhaven zu seinem Eigentümer nach Süddeutschland. Erfreulicherweise war der Oldtimer ordnungsgemäß gesichert und es gab keinerlei Gründe zur Beanstandung.
Hintergrund zu „sicher.mobil.leben“ und dem Schwerpunktthema Güterverkehr
Basierend auf dem Beschluss der Innenministerkonferenz vom 7./8. Dezember 2017 wird seit 2018 die länderübergreifende Verkehrssicherheitsaktion „sicher.mobil.leben“ durchgeführt. Zur Stärkung der Verkehrssicherheit wird seitdem einmal jährlich ein bundesweiter Kontrolltag festgelegt. In den vergangenen Jahren standen die Schwerpunktthemen „Ablenkung“, „Gewerblicher Personen- und Güterverkehr“, „Radfahrende“, „Fahrtüchtigkeit“ und „Rücksicht“ im Fokus.
Im Jahr 2024 liegt das Hauptaugenmerk auf dem Güterverkehr. Die Verkehrsleistung des Güterverkehrs in Deutschland hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt. Das bedeutet, dass immer mehr Güter über immer weitere Strecken transportiert werden. Mehr als 70 Prozent der Transportleistungen werden dabei von Lkw erbracht. Welche schwerwiegenden Folgen Unfälle haben können, bei denen ein Lkw beteiligt ist, wird beispielsweise bei der Betrachtung von Rechtsabbiegeunfällen innerorts deutlich. Diese enden für Radfahrer oder Fußgänger oft tödlich. Auch Auffahrunfälle an Stauenden auf Autobahnen sind trotz der modernen technischen Sicherheitsausstattung der Fahrzeuge keine Seltenheit.
Somit tragen Lkw-Fahrer aufgrund der besonderen Größe und Schwere ihrer Fahrzeuge eine besondere Verantwortung für ihre eigene Sicherheit sowie die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer. Dabei sind insbesondere die gewerblichen Lkw-Fahrer einem steigendem Wettbewerbs- und Termindruck ausgesetzt. Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten, Übermüdung von Berufskraftfahrern, technische Mängel an Fahrzeugen, Überladung sowie mangelnde Ladungssicherheit sind nur einige Folgen. Verkehrsvorschriften, wie das Fahrpersonalgesetz, die Straßenverkehrsordnung, die Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, mit Eisenbahnen und auf Binnengewässern, beschreiben Verhaltensweisen, deren Einhaltung Unfallrisiken minimieren soll.
(PB)
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