Berlin/Kabul (ots) –
Ein Jahr nach der Machtübernahme schildern afghanische Frauen und Frauenrechtsorganisationen ihr Leben unter der de facto Regierung. Die Lage ist ernst: In einer aktuellen Befragung der Frauenrechtsorganisation Women for Women International gaben 93% der Frauen an, weniger oder gar kein Einkommen mehr zur Verfügung zu haben.
„Die Situation verschlechtert sich Tag für Tag. Unter der vorherigen Regierung hatten wir zwar keine Sicherheit, aber dafür Arbeitsplätze. Wir konnten uns frei bewegen, unsere Töchter gingen zur Schule und wir hatten Hoffnungen für die Zukunft. Jetzt sieht alles anders aus.“
– Zahra, Befragte (Name geändert)
Vor einem Jahr übernahm die heutige de facto Regierung die Macht in der afghanischen Hauptstadt Kabul. Anlässlich dieses Jahrestages macht Women for Women International darauf aufmerksam, dass sich die Situation afghanischer Frauen in den letzten Monaten rapide verschlechtert hat. Im Juli 2022 führte die Frauenrechtsorganisation in drei afghanischen Provinzen Gespräche mit 200 Teilnehmerinnen der eigenen Hilfsprogramme sowie 14 Vertreterinnen der afghanischen Frauenrechtsbewegung.
Die Befragungen zeigen, dass sich die wirtschaftliche Lage für Afghaninnen seit August 2021 sukzessive verschlechtert: 93% der Frauen gaben an, weniger oder gar kein Einkommen mehr zur Verfügung zu haben. Zudem berichteten 83% von Einschränkungen ihrer Freiheiten und Rechte unter der de facto Regierung – sie könnten ihr Haus nicht mehr ohne Begleitung oder überhaupt nicht mehr verlassen. Der Besuch einer Schule oder des Arbeitsplatzes sei enorm erschwert, wenn nicht gar unmöglich geworden. Insbesondere afghanische Frauenrechtlerinnen berichteten von Belästigungen, Festnahmen, körperlichen Übergriffen und Menschenrechtsverletzungen.
Speziell seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine habe sich die Lage verschärft. Eine Gesprächspartnerin sagte: „Seit der russischen Invasion hat sich alles verändert: Preise für lebenswichtige Dinge sind gestiegen, humanitäre Hilfe wird an die Ukraine weitergeleitet – und wir werden […] vergessen.“
Caroline Kent, Geschäftsführerin von Women for Women International Deutschland, sagt: „Wir haben in Afghanistan eine humanitäre und wirtschaftliche Krise immensen Ausmaßes. Wir dürfen nicht zulassen, dass Afghanistan eine weitere ‚vergessene Krise‘ wird. Politische und finanzielle Ressourcen müssen dringend zur Verfügung gestellt werden, um den Frauen Afghanistans eine Perspektive für die Zukunft zu bieten. Dafür braucht es gezielte Investitionen in Frauen, denn ihr Beitrag ist entscheidend für eine friedliche Zukunft des Landes.“
Women for Women International fordert die internationale Gemeinschaft auf, wirtschaftliche Chancen für afghanische Frauen zu schaffen und deren Rechte und Freiheiten zu schützen. Afghanistans Frauen müssen auch weiterhin gehört und gesehen werden. Dazu gehört ihre Einbindung in das öffentliche und wirtschaftliche Leben sowie den Wiederaufbau des Landes.
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Ressourcen:
– „No One Hears Our Voices“ Report (https://womenforwomeninternational.de/no-one-hears-our-voices) (Englisch)
– Presseseite (https://womenforwomeninternational.de/presseseite)
Women for Women International in Afghanistan
Seit 2002 konnte Women for Women International mehr als 127.000 afghanische Frauen durch ein holistisches einjähriges Schulungsprogramm erreichen. Nach der Machtübernahme passte die Organisation ihre Programme an die neuen Gegebenheiten an und gehört nun zu den wenigen Organisationen, die humanitäre und entwicklungspolitische Maßnahmen vor Ort implementieren. Dabei liegt ein starker Fokus auf der wirtschaftlichen Befähigung afghanischer Frauen.
Über Women for Women International
Wenn Krieg ausbricht, leiden Frauen oft am meisten darunter – sie müssen Traumata, sexualisierte Gewalt und den Tod ihrer Angehörigen erleben. Wenn der Konflikt schließlich vorbei ist, bewegt sich die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit weiter und es fällt den zurückgebliebenen Frauen zu, ihre Familien und Gemeinschaften wiederaufzubauen.
Women for Women International unterstützt Frauen, die an einigen der gefährlichsten Orte der Welt leben. Diese Frauen schreiben sich in unserem einjährigen Programm ein. Hier lernen sie, wie sie Geld verdienen und sparen können, die Gesundheit ihrer Familie verbessern und wie ihre Stimmen gehört werden – zu Hause und in ihrer Gemeinschaft.
Seit 1993 hat die Organisation mehr als einer halben Million marginalisierten Frauen, die Kriege in Afghanistan, Bosnien und Herzegowina, der Demokratischen Republik Kongo, Irak, Kosovo, Nigeria, Ruanda und im Südsudan überlebt haben, geholfen.
Mit mehr als fünfzig brutalen und bewaffneten Konflikten auf der Erde, gab es nie eine größere Dringlichkeit, Frauen zu unterstützen, die Kriege überlebt haben. Mit Hilfe von Spenden können Frauen die Ausbildung, die von Women for Women International ermöglicht wird, mit den Fähigkeiten, Kenntnissen und den Ressourcen abschließen, die sie brauchen, um ihr eigenes Geld zu verdienen. Unsere Absolventinnen geben ihr Wissen an ihre Nachbarn und Kinder weiter und sorgen so für einen Welleneffekt.
Women for Women International (DE) gGmbH ist eine gemeinnützige GmbH mit Sitz in Berlin, Deutschland, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg (HRB 240772 B). Geschäftsführerinnen: Laurie Adams, Nathalie Busch, Caroline Jane Kent, Anja Langenbucher, Preeti Malkani, Vanessa Mitchell-Thomson, Andrea Tiedemann.
Mehr Informationen unter: www.womenforwomeninternational.de (https://womenforwomeninternational.de/) ; @WomenforWomenDE (https://mcas-proxyweb.mcas.ms/certificate-checker?login=false&originalUrl=https%3A%2F%2Fwww.instagram.com.mcas.ms%2Fwomenforwomende%2F%3Fhl%3Dde%26McasTsid%3D20892&McasCSRF=93fb4db937001fbc23cec93bed64d6c3e878ad909cd1de8650afc7deefe85924)
Pressekontakt:
Caroline Kent, Geschäftsführerin Women for Women International Deutschland
[email protected]
+49 176 43257358Es stehen Kolleg*innen aus dem afghanischen Länderbüro für Interviews zur Verfügung.
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Quelle: ots