Frankfurt (ots) –
– Enormes Potenzial zur CO2-Reduktion durch Sanierungen von Wohnimmobilien im Bestand
– Politik muss Rahmenbedingungen für potenzielle Käufer von Bestandsimmobilien für Erreichung der Klimaziele und Lösung der Wohnungsnot verbessern
„Um im Gebäudesektor signifikante CO2-Einsparungen zu erzielen und die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, kommt dem privaten Gebäudebestand eine Schlüsselrolle zu“, erklärt der Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Sparda-Banken, Florian RENTSCH, anlässlich der Veröffentlichung der Sparda-Studie „Wohnen in Deutschland 2024“. Die diesjährige Ausgabe setzt sich schwerpunktmäßig mit der wohnungs- und klimapolitischen Potenzialen auseinander, die sich aus der energetischen Sanierung (Dekarbonisierung) von Bestandsimmobilien ergeben. Die Studie wurde im Auftrag des Verbandes der Sparda-Banken durch das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) und dem Institut für Demoskopie Allensbach erstellt.
Insgesamt entfallen in Deutschland 15 Prozent der direkten Emissionen auf Gebäude, 71 Prozent hiervon machen private Haushalte aus. Im Wohneigentumsmarkt sind derzeit 47 Prozent der zum Verkauf stehenden Gebäude Energieklasse E oder schlechter. Betrachtet man die Einfamilienhäuser, sind es sogar 66 Prozent. Würde man diese zum Verkauf stehenden Objekte mit Energieeffizienz E und schlechter auf Effizienzstandard A sanieren, läge allein das geschätzte Energieeinsparpotenzial im Heizbereich dadurch bei über 1,1 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr – fast ein Prozent des Gesamtausstoßes. „Der größte Hebel, den wir im Bereich der privaten Wohngebäude in Sachen CO2-Einsparungen haben, besteht im Zeitpunkt des Verkaufs. Die Bundesregierung muss hier deutlich mehr tun“, so RENTSCH.
Der Handlungsbedarf ergibt sich nicht nur aus der Notwendigkeit zur Erreichung der Klimaziele. Auch hinsichtlich der akuten Wohnungsnot sind Maßnahmen, unsanierte Wohnimmobilien zu vernünftigen Konditionen marktfähig, zukunftssicher und bezahlbar zu machen, dringend geboten. Betrachtet man allein den Kaufpreis, ist in deutlich über der Hälfte der Regionen in Deutschland der Wohngebäudekauf noch erschwinglich. Rechnet man jedoch die durchschnittlichen Sanierungskosten für Objekte mit einer Energieeffizienz von E und schlechter auf die Energieeffizienzklasse A in Höhe von etwa 880 Euro je Quadratmeter Wohnfläche vor Förderung mit ein, sind es nur noch knapp 20 Prozent.
Pekka SAGNER, Economist für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln: „Kaufen ist auf Grund der Normalisierung der Zinsen und weiter relativ stabilen hohen Preisniveaus ohnehin schon eine große Herausforderung für die Mittelschicht, insbesondere für Familien. Dreht es sich dann noch um ein sanierungsbedürftiges Objekt, ist es auch angesichts unzureichender staatlicher Unterstützung kaum noch leistbar. Durch diese schwierige Erschwinglichkeitssituation bleiben aktuell Immobilienkäufe und anschließende Sanierungen schlicht aus und es wird wichtige Zeit bei der Zielerreichung der ökologischen Transformation des Gebäudebereichs verspielt.“
Dabei ist die Bereitschaft, sanierungsbedürftige Gebäude zu kaufen, groß – mehr als die Hälfte der Kaufwilligen können sich vorstellen, ein Sanierungsobjekt zu kaufen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Seit 2019 ist der Anteil der Mieter bis 50 Jahre, die konkret planen, Wohneigentum zu erwerben, rückläufig. Seit 2019, als etwa jeder dritte Mieter dies plante (31 Prozent), hat sich der Anteil bis 2024 auf jeden sechsten Mieter (16 Prozent) fast halbiert. Heute planen lediglich noch fünf Prozent der Befragten, eine Immobilie in den nächsten zwei bis drei Jahren zu bauen oder zu kaufen.
„Diese Differenz zwischen Wunsch und Wirklichkeit zeigen auf dramatische Art und Weise, wie dringend der Handlungsbedarf seitens der Politik ist. Der Wunsch nach Wohneigentum ist ungebrochen groß und ebenso die grundsätzliche Bereitschaft, hierfür auch die Sanierung einer energieineffizienten Immobilie zu stemmen. Aber die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die Verunsicherung haben dazu geführt, dass die Kaufinteressenten den Glauben daran verlieren, dass sie es schaffen und leisten können“, so RENTSCH.
„28 Prozent der „Sanierungsbedürftigen“ wünschen sich Förderung vom Staat. Vor allem aber muss auch die Eigenkapitalhürde für jüngere Haushalte gesenkt werden, da diese häufiger Erwerbspläne haben. Eine Maßnahme wäre die Streichung der Grunderwerbssteuer, jedenfalls für das selbstbewohnte Wohneigentum. Die Menschen müssen ihr Eigenkapital für Kauf und Sanierung einsetzen können, nicht für Steuern und Abgaben.“
SAGNER ergänzt: „Die Förderung muss im Zeitpunkt des Verkaufs ansetzen. Hier ist die Chance am größten, ein energetisch schlechtes Gebäude auf einen vernünftigen Standard zu bringen. Das Wohneigentumsprogramm der Bundesregierung 2024 und 2025 ist mit etwa einer halben Mrd. Euro viel zu niedrig für diese Mammutaufgabe. Auch eine Halbierung der Grunderwerbsteuer würde das monatlich aufzuwendende Einkommen für die Finanzierung um 1,0 Prozentpunkt reduzieren, ein komplettes Aussetzen um 2,0 Prozentpunkte.“
RENTSCH: „Die Politik hat im letzten Jahrzehnt die Chance verschlafen, das gute Wirtschaftswachstum und das Niedrigzinsumfeld so nutzbar zu machen, dass im Wohnungsneubau und in der Sanierung entscheidende Schritte nach vorne gemacht werden. Wenn in Sachen Bezahlbarkeit jetzt nicht gezielt gegensteuert wird, besteht die Gefahr, dass Wohnen das soziale Sprengstoffthema der 20er und 30er Jahre dieses Jahrhunderts wird – wenn es das nicht bereits ist. Deutschland ist ohnehin nach wie vor Schlusslicht bei der Eigentumsquote in Europa. Wir brauchen jetzt die Trendumkehr.“
„Auch das CO2-Einsparpotenzial bei staatlich geförderter Sanierung im Altbestand ist gigantisch. Zur Erreichung der Klimaziele ist es weder sinnvoll, Menschen unter Druck setzen, die mit Holz oder Gas heizen noch den Markt durch Eingriffe wie Mietpreisbremse, Mietendeckel, Enteignungsfantasien und dafür immer höhere Anforderungen an Baustandards zu verunsichern.“
Diese und viele weitere spannende Erkenntnisse finden Sie in der Studie zum Download auf der Homepage des Verbandes unter dem folgenden Link: Sparda-Studie Sanierungspotenziale von Wohnimmobilien in Deutschland (https://sparda-verband.de/wp-content/uploads/2024/04/VdSpB_Bericht_Wohnstudie2024.pdf)
Über die Studie
Zum insgesamt sechsten Mal legt der Verband der Sparda-Banken e.V. die Studie „Wohnen in Deutschland“ vor. In Zusammenarbeit mit dem Institut der Deutschen Wirtschaft Köln e.V. (IW), der IW Consult GmbH sowie dem Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) erfolgt seit 2017 regelmäßig unter anderem eine umfassende Betrachtung der Preisentwicklungen am Wohnimmobilienmarkt, der Erschwinglichkeit von Immobilien sowie Pendlerbewegungen. In diesem Jahr befasst sich die Studie mit dem Fokusthema „Potentiale von Sanierungen im Wohnimmobilienbestand“. Auch Auswirkungen von gesamtwirtschaftlichen und politischen Entwicklungen werden hierbei mit einbezogen.
Über den Verband der Sparda-Banken
Der Verband der Sparda-Banken e.V. mit Sitz in Frankfurt am Main ist Prüfungsverband im Sinne des Genossenschaftsgesetzes. Als „Stabsstelle“ ist er außerdem das Sprachrohr der Gruppe nach außen. Neben der Prüfung der Verbandsmitglieder obliegen dem Verband ebenso die Beratung und Betreuung der rechtlich und wirtschaftlich eigenständigen Sparda-Banken in genossenschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen, betriebswirtschaftlichen, organisatorischen und personellen Angelegenheiten. Darüber hinaus übernimmt er die Aufgaben der Interessenvertretung und fördert die politische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und finanzwirtschaftlichen Themen.
Über die Sparda-Gruppe
Die Gruppe der Sparda-Banken besteht aus elf wirtschaftlich und rechtlich selbständigen Sparda-Banken in Deutschland. Mit rund 3,8 Millionen Kunden und über drei Millionen Mitgliedern gehören die Institute zu den bedeutendsten Retailbanken in Deutschland. Die Sparda-Banken sind genossenschaftliches Mitglied im Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) und Teil der Genossenschaftlichen FinanzGruppe.
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Quelle: ots