Neustadt a. d. W. (ots) –
Kosten für die Betreuung der eigenen Kinder können teilweise und unter bestimmten Voraussetzungen von der Steuer abgesetzt werden. Aber was ist, wenn Eltern getrennt leben: Darf dann nur eine/r die Kosten absetzen, obwohl beide dafür aufkommen und sich die Kosten teilen? Warum sich das Bundesverfassungsgericht mit dieser Frage beschäftigen muss und welche Regeln aktuell gelten, erläutert der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH).
Entscheidende Frage: In welchem Haushalt lebt das Kind?
Eltern können Kinderbetreuungskosten unter bestimmten Voraussetzungen von der Steuer absetzen. Dazu gehören beispielsweise Ausgaben für eine Kindertagesstätte, einen Hort, Babysitter, Tagesmütter oder Au-Pair. Leben die Eltern getrennt und teilen sich dennoch die Kosten, darf allerdings nur derjenige Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, die Kosten in der Steuererklärung angeben. Soll heißen: Lebt das Kind zum Beispiel bei der Mutter, geht der Vater steuerlich gesehen leer aus, selbst wenn er die Hälfte der Betreuungskosten trägt.
Gegen diese im Einkommensteuergesetz verankerte Vorschrift hat ein Vater geklagt. Er wollte die Hälfte der Kosten für Kindergarten und Schulhort als Sonderausgaben in seiner Steuererklärung geltend machen. Das zuständige Finanzamt lehnte dies jedoch ab, weil seine Tochter in dem betreffenden Jahr zum Haushalt der Mutter gehörte. Damit wollte er sich nicht abfinden und erhob Klage beim Finanzgericht.
Vater scheitert mit Klage vor Finanzgericht und BFH
Das zuständige Thüringer Finanzgericht stellte dann zwar fest, dass der Mann tatsächlich die Hälfte der Kinderbetreuungskosten getragen hat, und zwar 299 Euro, die er der Mutter seines Kindes erstattete. Dennoch entschied auch das Finanzgericht, dass keine abzugsfähigen Sonderausgaben vorliegen, da das Kind bei der Mutter lebte. Das Gericht wies die Klage ab, ließ aber Revision zu (Aktenzeichen 3 K 210/21).
Somit landete der Fall beim Bundesfinanzhof (BFH). Doch auch dort hatte der Vater keinen Erfolg: Die BFH-Richter bestätigten in ihrem Urteil die Entscheidung des Finanzgerichts (Aktenzeichen III R 9/22). Und sie wiesen in ihrer Begründung auf verschiedene Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hin, nach denen die Nichtanerkennung von Kinderbetreuungskosten bei einer fehlenden Haushaltszugehörigkeit keinesfalls verfassungswidrig sei.
Beschwerde: Sind die steuerlichen Vorgaben verfassungswidrig?
Doch auch nach der Entscheidung des BFH, der höchsten deutschen Instanz in Sachen Steuerrecht, will der betroffene Vater nicht aufgeben. Er pocht auf eine Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht und hat deshalb Verfassungsbeschwerde gegen das BFH-Urteil eingelegt. Diese läuft unter dem Titel „Sonderausgabenabzug für Kinderbetreuungskosten gemäß § 3 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG“ und dem Aktenzeichen 2 BvR 1041/23. „Sollte das Bundesverfassungsgericht der Verfassungsbeschwerde stattgeben, könnten auch getrennt lebende Elternteile Kinderbetreuungskosten geltend machen“, erläutert VLH-Vorstand Uwe Rauhöft.
Ein interessanter Fall also, der viele Bürgerinnen und Bürger betreffen könnte: Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums leben von den 13 Millionen minderjährigen Kindern in Deutschland etwa 18 Prozent mit nur einem Elternteil in einem Haushalt – also mehr als 2,3 Millionen (Stand: Dezember 2023).
Kinderbetreuungskosten absetzen: Das gilt grundsätzlich
Wer sein Kind von Dritten betreuen lässt und dafür bezahlt, kann die Kosten teilweise steuerlich geltend machen. Maximal 6.000 Euro pro Jahr können Sorgeberechtigte in der Steuererklärung angeben – und zwar bis zum 14. Lebensjahr des Sprösslings. Von den Kosten berücksichtigt das Finanzamt zwei Drittel, also bis zu 4.000 Euro. Zu den absetzbaren Betreuungsausgaben zählen Kosten für den Kindergarten, die Kinderkrippe, die Kindertagesstätte oder den Kinderhort. Ebenso anerkannt werden Kosten für Babysitter, Tagesmütter, Au-Pair, Nanny oder Kindermädchen.
Um Kinderbetreuungskosten steuerlich geltend zu machen, muss eine Rechnung vorgelegt werden können. Und diese muss per Überweisung beglichen worden sein, Barzahlungen werden vom Finanzamt nicht anerkannt. Zudem akzeptiert das Finanzamt nur Ausgaben, die für die reine Fürsorge entstanden sind. Kümmert sich zum Beispiel eine Babysitterin auch ums Essen oder gibt Nachhilfe, wirken diese Kosten nicht steuermindernd. Erfüllt der Betreuer oder die Betreuerin mehrere Funktionen, sollten diese daher in der Rechnung separat ausgewiesen sein.
Die VLH: Größter Lohnsteuerhilfeverein Deutschlands
Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH) ist mit mehr als einer Million Mitgliedern und bundesweit rund 3.000 Beratungsstellen Deutschlands größter Lohnsteuerhilfeverein. Gegründet im Jahr 1972, stellt die VLH außerdem die meisten nach DIN 77700 zertifizierten Beraterinnen und Berater.
Die VLH erstellt für ihre Mitglieder die Einkommensteuererklärung, beantragt sämtliche Steuerermäßigungen, prüft den Steuerbescheid und einiges mehr im Rahmen der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG.
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